Veranstaltung: | Kreiswahlprogramm 2021 Waldeck-Frankenberg |
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Antragsteller*in: | Kreisvorstand (dort beschlossen am: 11.01.2021) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 15.01.2021, 12:30 |
A4: Umwelt und Natur
Text
Für die Lebensqualität in unserem Landkreis sind eine gute Luftqualität,
sauberes Wasser und eine intakte Natur von immenser Bedeutung. Mit diesen
Faktoren können wir andere Standortnachteile gegenüber urbanen Räumen
ausgleichen.
Unser Grundwasser ist vielerorts aufgrund hoher Düngergaben erheblich mit Nitrat
belastet. Bei ökologischer Wirtschaftsweise treten weniger hohe
Nährstoffüberschüsse auf.
Bäche und Flüsse sind vielfach begradigt und haben keine intakten Uferzonen.
Renaturierungen müssen erheblich beschleunigt werden, damit die Vorgaben der EU,
alle Gewässer bis 2027 in einen guten Zustand zu bringen, eingehalten werden
können. Aktuell sind nur etwa elf Prozent unserer Fließgewässer in einem guten
Zustand. Saubere Bäche stellen hochwertige Lebensräume für Tiere und Pflanzen
dar, puffern Überschwemmungen bei Starkregen ab und fördern die
Grundwasserneubildung. Als attraktives Vernetzungselement bilden sie einen
hochwertigen Erholungsraum. Vorhandene Reste von Mooren sind wieder zu
vernässen, um die CO2-intensive Torfzersetzung zu stoppen.
Während früher viele Flächen dräniert und das Wasser möglichst zügig
abtransportiert werden sollte, wollen wir in Zeiten der zunehmenden Sommerdürre
das Wasser möglichst lange in der Landschaft halten.
Die ökologische Wasserqualität vieler Seen, insbesondere des Edersees, ist
weithin unbefriedigend, da zu viele Schadstoffe aus der Intensivlandwirtschaft
eingeschwemmt werden. Verschärft wird die Lage im Sommer und Herbst durch
starken Wasserablass mit erheblichen Auswirkungen auf den Tourismus und die
Natur mit Muschelsterben und Gelegeverlusten bei Wasservögeln. Diese seit Jahren
unbefriedigende Situation ist zu beenden.
Wir freuen uns über die Erweiterung unseres Nationalparks, für die auch wir uns
eingesetzt hatten. Wir befürworten die Modernisierung der Seilbahn bei Waldeck
auf der vorhandenen Trasse. Einen Seilbahnneubau auf der aktuell diskutierten
Trasse, die im Wesentlichen über bestehende Waldflächen des Nationalparks führt
und dort eingreift, halten wir aufgrund der damit einhergehenden
Beeinträchtigungen für die Natur für nicht genehmigungsfähig; sowohl das
Europarecht als auch das Verschlechterungsverbot der Nationalparkverordnung
stehen dem Projekt entgegen, und wir lehnen es deshalb ab. Die Zusammenarbeit
zwischen Landkreis und Nationalpark wollen wir ausbauen.
In den Naturparken sind Maßnahmen zum Schutz der Natur zu verstärken – auch, um
die Attraktivität für Erholungssuchende zu verbessern.
In vielen FFH- und Naturschutzgebieten ist der tatsächliche Schutz der Natur
unzureichend, und es findet trotz des Schutzstatus auf dem Papier eine intensive
Nutzung statt. Hier streben wir erhebliche Verbesserungen an, beispielsweise
durch Landkäufe oder Vertragsnaturschutzmaßnahmen. Ein funktionsfähiger Verbund
soll diese Biotope vernetzen.
Die guten Vorgaben der Bundesregierung und das auf unsere Initiative hin
entstandene Insektenschutzprogramm für den Landkreis wollen wir zügig umsetzen,
denn die Situation unserer Insekten, aber auch aller anderen Gruppen wie der
Singvögel, der Frösche und Eidechsen ist dramatisch. Solange auf großen Flächen
hochwirksame Insektengifte versprüht werden, wird das Aussterben unserer
Insekten weitergehen. Dies zeigt, dass die bisherigen Maßnahmen unzulänglich
wirken und nunmehr entschiedener gehandelt werden muss.
Die Mitarbeit im Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ ist zu
intensivieren.
Die Landwirtschaftsverwaltung sollte sich verstärkt für die Nutzung der
vorhandenen Agrarumweltprogramme und die Umstellung auf ökologischen Landbau
einsetzen.
In unseren Wäldern beklagen wir das Absterben vieler Bäume, die der Hitze, der
Trockenheit und dem Ammoniak aus der intensiven Landwirtschaft erliegen.
Insbesondere die standortfremde Fichte stirbt, wie lange prognostiziert, ab und
wird nur auf schattigen Einzelstandorten überleben. Wir wollen die Fehler der
Vergangenheit nicht wiederholen und setzen auf Naturverjüngung und Aussaat. Die
so aufwachsenden Bäume zeigen sich robuster als gepflanzte. Abgestorbene Bäume
lassen sich kaum rentabel ernten und sollten möglichst auf der Fläche bleiben.
Sie bieten Tieren und Pilzen einen Lebensraum und beschatten die jungen
Bäumchen. Der Holzeinschlag sollte behutsamer ohne Zerstörung des Kronendaches
erfolgen, damit der Waldboden feucht, dunkel und kühl bleibt. Der klimastabile
Zukunftswald sollte primär aus Laubbäumen bestehen, da unter ihnen die
Grundwasserneubildung erheblich höher ist als unter Nadelbäumen.
Im Domanialwald sind bisher lediglich etwa zwei Prozent der Fläche dauerhaft aus
der Nutzung genommen. Diesen Anteil wollen wir auf die von der Bundesregierung
vorgegebene Marke von zehn Prozent erhöhen. Die Ausweisung von solchen
Naturwaldflächen ist das wirksamste Mittel, artenreiche, klimastabile und CO2-
speichernde Wälder zu schaffen, denn selbst in Waldnaturschutzgebieten findet
bis heute der Holzeinschlag weiter statt. Wir möchten die Zertifizierung der
Domanial-und Kreiswaldflächen nach dem FSC-Standard erreichen, nach dem bereits
der Landeswald bewirtschaftet wird. Altbäume sollen speziell geschützt werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass in Eigenjagdbezirken des Domaniums und des
Landkreises nur mit bleifreier Munition gejagt werden darf. Diesem Umweltgift
fallen nämlich jährlich zehntausende Vögel zum Opfer.
Weil wir unseren Wald lieben, kämpfen wir für die Energiewende und gegen
Massentierhaltung.
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